Im Vorfeld der geplanten Errichtung eines neuen Wohngebietes in Taarstedt, Kreis Schleswig-Flensburg, führte das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) eine Voruntersuchung auf dem Gelände durch. Ziel dieser Voruntersuchung war die Klärung, ob bei den kommenden Bautätigkeiten archäologisch relevante Kulturgüter und Strukturen betroffen sind, die hier zu vermuten waren. Im Zuge der
Voruntersuchung zeigte sich anhand zahlreicher Verfärbungen im Boden und diverser Keramikfunde, dass im nordwestlichen Bereich der zu bebauenden Fläche Reste einer völkerwanderungszeitlichen Siedlung erhalten sind, woraufhin eine archäologische Untersuchung des Areals unumgänglich wurde, um diese Befunde nicht undokumentiert der Zerstörung Preis zu geben.
Nach Abtrag des Oberbodens konnten auf der zu untersuchenden Fläche eine Vielzahl an Befunden dokumentiert und eingemessen werden, bei denen es sich zum überwiegenden Teil um Standspuren ehemaliger Pfosten handelt. Anhand dieser Pfostenstandspuren lässt sich in Taarstedt eine Siedlung aus der Völkerwanderungszeit mit mindestens fünf Langhäusern nachweisen. Alle Gebäude waren parallel zueinander ausgerichtet, wobei drei Häuser übereinanderliegen, weshalb der Ausgräber von einer zeitlichen Nähe der Gebäude ausgeht. Die Reste identisch ausgerichteter Gebäude am nordwestlichen Grabungsrand sind sicher als Nachbargehöft der selben Zeit anzusprechen. Rechtwinklig zu den Gebäuden verlaufen sowohl westlich als auch überwiegend östlich der Häuser mehrere Zaunanlagen. Darüber hinaus wurden Siedlungsaktivitäten der Vorrömischen Eisenzeit, des Mittelalters und moderne Flachsrösten nachgewiesen.
Zum Vortragenden: Ringo Klooß hat an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Ur- und Frühgeschichte, Anthropologie und Geologie studiert. Sein besonderes Interesse galt bisher der Jungsteinzeit in Norddeutschland. Nach freiberuflicher Tätigkeit als Archäobotaniker ist er seit 2020 als Grabungsleiter für das Archäologische Landesamt Schleswig- Holstein tätig. Inzwischen komplettiert er außerdem die Abteilung Landesaufnahme.
Der neue Roman von Robert Focken schleudert den Leser in eine weit entfernte Vergangenheit: An der Schwelle zum 9. Jahrhundert gleicht Nordelbien einem brodelnden Völkerkessel. Die Nordsachsen (Sturimarn, Diutmarser, Holsten) sind im Dauerkrieg mit den slawischen Abodriten, beide müssen sich gegen die Dänen aus dem Norden zur Wehr setzen. Mit dem Titelhelden Arnulf stößt schließlich das erste Kontingent fränkischer Panzerreiter von Süden kommend über die Elbe vor. Arnulf allerdings hat mit dem König gebrochen, er stampft zwischen den streitenden Stämmen eine eigene Herrschaft aus dem Boden und errichtet die Hammaburg (Hamburg). Aber der große König hat noch eine Rechnung mit ihm offen: Karl vergisst nichts und vergibt noch weniger... die Geschichte taucht den Leser ein in pralles, mittelalterliches Leben voller Frömmigkeit und Lebensfreude, voller Brutalität und Fatalismus. Zwischen Esesfelth/Itzehoe und Haithabu, zwischen Starigard/Oldenburg und Bardovyk (Lüneburg) sammelt der Kriegsherr Arnulf fieberhaft nach Verbündeten gegen den König – während Arnulfs Frau Erika ihren eigenen Feldzug führt, und zwar gegen die männliche Übergriffigkeit. Sie, die energische Christin, ein echter Tatmensch, strengt schließlich einen großen Schändungsprozess vor einem Thing an. Mithilfe eines Priesters, ausgerechnet, denn eine Frau kann niemanden anklagen. Der Täter aber ist ein Stammesfürst - Arnulf braucht ihn! Beide, Arnulf und Erika werden vor brutale Entscheidungen gestellt, die ihr Leben zu zerreißen drohen.
Zum Autoren: Robert Focken, geboren 1963 in Höxter, wuchs in Holzminden an der Weser auf. Nach dem Abitur wurde er Zeitsoldat, um anschließend eine journalistische Ausbildung bei
der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu absolvieren. Daran schloss sich ein Geschichtsstudium in Bonn an. Seit 1994 lebt Robert Focken in der Nähe von Frankfurt und arbeitet in der Finanzindustrie.
Sein erster Roman "Arnulf - Die Axt der Hessen" erschien im Jahr 2015. Robert Focken ist verheiratet und hat drei Kinder.
von Hannah Strehlau, Schleswig
Die Bildsteine sind eine einzigartige Gruppe von Steindenkmalen, die von der Völkerwanderungszeit bis in die Wikingerzeit auf der schwedischen Ostseeinsel Gotland errichtet wurden (insgesamt etwa 400–1100 n. Chr.). Besonders auffällig sind ihre Verzierungen, die durch flache Ritzungen und anschließende Bemalung auf der Vorderseite angebracht wurden und namengebend für die Steine sind. Die ältesten dieser Bildsteine stammen aus der Völkerwanderungszeit (ca. 400–600 n. Chr.) und unterscheiden sich mit ihrer markanten Axtform sowie dem überwiegend geometrisch-abstrakten Bildprogramm von den späteren Monumenten. Die Entstehungsgeschichte dieser frühen Steine galt seit jeher als Rätsel. Da sie geradezu plötzlich und ohne vorangehende Entwicklungsphase auftreten, liegt es nahe, nach Parallelen außerhalb Gotlands zu suchen. Verblüffende Ähnlichkeiten tauchen dabei zu Steinmonumenten aus den Römischen Provinzen auf. Solche Vergleiche können uns als Archäologinnen und Archäologen Hinweise auf weite internationale Netzwerke geben, die den interkulturellen Austausch und die Hybridität der gotländischen Kultur verdeutlichen.
Zur Vortragenden: Hannah Strehlau, Jahrgang 1991, studierte von 2012 bis 2015 vor- und frühgeschichtliche Archäologie im Bachelor an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Im Anschluss daran schloss sie 2018 ihr Masterstudium an der Universität Uppsala (Schweden) ab, mit einer Arbeit zu Tierbeigaben in vendel- und wikingerzeitlichen Gräbern in Uppland. Während und nach dem Studium hat sie auf verschiedenen Ausgrabungen in Deutschland, Schweden, Serbien und Alaska gearbeitet. Seit 2019 ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am ZBSA in Schleswig angestellt, wo sie an ihrer Dissertation zu den ältesten gotländischen Bildsteinen arbeitet (www.zbsa.eu/en/early-gotlandic-picture-stones). Das Dissertationsvorhaben ist mit dem Ancient Images-Projekt an der Universität Stockholm assoziiert (www.ancientimages.se).
Gräber sind das statische Endergebnis eines ebenso hochkomplexen wie hochdynamischen, ritualisierten und intentionalen Bestattungsvorganges, der in einer nicht mehr nachvollziehbaren Intensität durch
soziale, kulturelle und religiös-kultische Faktoren beeinflusst wurde. Dieser Aspekt stellt die Archäologie vor grundlegende Schwierigkeiten. Ein undefinierbar großer Anteil der Handlungen und
Rituale, die vermutlichen für die (rituelle) Funktionalität der Bestattung von zentraler Bedeutung waren, lässt sich archäologisch nicht oder nur unsicher fassen. Daneben entgeht der Archäologie
ein weiterer für das Verständnis von Bestattungen eklatant wichtiger Aspekt, der erst in jüngster Zeit in den Fokus der Forschung rückt – die Wahrnehmung der Bestattungsriten durch die anwesenden
Zuschauer. In der archäologischen Sichtweise werden Gräber – schon notwendigerweise aus methodischen Gründen – oftmals auf objektiv erscheinende, messbare Faktoren wie Form, Maße und Orientierung des
Grabes, Anzahl und Lage der Beigaben und Geschlecht und körperlicher Zustand des Bestatteten reduziert. Der Realität von Bestattungen als aktive und dynamische Zeremonien mit rituellen Handlungen,
Gesängen und teilweise auch Opfern wird diese nüchterne Reduktion jedoch nicht gerecht.
Zum Vortragenden: Dr. Matthais Toplak hat Skandinavistik, Ur- und Frühgeschichte und Mittlere und Neue Geschichte in Köln und Stockholm studiert. Seine Promotion mit
dem Thema „Das wikingerzeitliche Gräberfeld von Kopparsvik auf Gotland. Studien zu neuen Konzepten sozialer Identitäten am Übergang zum christlichen Mittelalter“ schloss er 2016 in Tübingen ab.
Danach war er wissenschaftlicher Assistent und lehrte am Institut für Ur- und Frühgeschichte in Tübingen. Er arbeitete von 2017–2021 im Sonderforschungsbereich 1070 RessourcenKulturen, Universität
Tübingen, zusammen mit dem Osteoarchäologischen Forschungszentrum (OFL) der Universität Stockholm. 2021 trat er in die Fußstapfen von Frau Drews und hat nun die Leitung des Wikinger Museums Haithabu
inne.
Die Videovorträge laufen über einen Videokonferenzdienst von Dataport. Der Eintritt ist jeweils über diesen Link möglich:
AGSH | Jitsi Meet (openws.de): https://video.openws.de/AGSH
Wichtig ist, dass Sie auf Ihrem Rechner, Tablet oder Smartphone möglichst den neuen Edge-Browser von Microsoft haben, sonst könnte es Schwierigkeiten mit der Verbindung geben.
Browser mit einer Chromium Engine liefern die besten Ergebnisse, z. B. Google Chrome oder Microsoft Edge. In aktuellen Tests mit dem Firefox Browser kommt es zu Fehlern.
Einige externe Kameras werden nicht unterstützt.
Am südlichen Ortsrand von Flintbek, Kreis Rendsburg-Eckernförde, soll in den
nächsten Jahren ein neues Wohngebiet entstehen. Die Ortslage Flintbek mit seiner Umgebung ist seit den 1970er Jahren durch eine Vielzahl an sehr gut erhaltenen Grabanlagen der Stein- und Bronzezeit
bekannt.
Diese Fundstellenkonzentration ist mit einer ur- und frühgeschichtlichen Wegeführung in Verbindung zu bringen, die von Nordost nach Südwest am südlichen Ortsrand der heutigen Ortslage verlief. Direkt
am südlichen Zipfel der „Flintbeker Sichel“ liegt das Neubaugebiet, auf dem schon 2020 archäologische
Hauptuntersuchungen stattfanden. Diese werden seit Anfang März 2021 in etwa
400 m Entfernung von der ersten Untersuchungsfläche fortgeführt. Angesichts der im Raum Flintbek bislang bekannten Fundstellen, die bis auf wenige Ausnahmen der Stein- und Bronzezeit angehören, waren
die Ergebnisse der Untersuchungen aus dem Jahr 2020 sehr überraschend. Erstmals gelang hier der Nachweis von Siedlungsspuren der Völkerwanderungszeit im Raum Flintbek überhaupt.
Insgesamt konnten vier Gehöfte mit teils sehr gut erhaltenen Langhausgrundrissen, darunter auch ein bislang noch sehr selten nachgewiesener Grundriss eines Hauses vom Typ Korridorhaus, freigelegt werden. Herausragend war die Untersuchung einer gepflasterten Zisternenanlage mit einem Durchmesser von 25 m, welche zu den absoluten Raritäten im Land zählt. Die diesjährigen Ausgrabungen 2021 überraschten nach den Entdeckungen aus dem letzten Jahr. Zu den aufgedeckten Strukturen gehören mehrere Langhausgrundrisse. Eines der Langhäuser gehört mit zwei weiteren gut erhaltenen Häusern zu einem ehemals eingezäunten, mehrphasigen Gehöft mit einer Größe von ca. 6000 m². Die völkerwanderungszeitlichen Fundstellen gehören vermutlich zu einem umfangreichen Siedlungsplatz mit einer größeren zeitlichen Tiefe, der sich, soweit sich derzeit sagen lässt, in lockerer Streuung am gesamten südöstlichen Ortsrand von Flintbek entlangzieht. Aufgrund der neuen Erkenntnisse und der ungewöhnlich guten Erhaltung der Befunde kann im Zusammenhang mit den zuvor bekannten zahlreichen Fundstellen zu Recht von einem „archäologischen Hotspot“ im Bereich und dem Umfeld von Flintbek gesprochen werden.
Zum Vortragenden: Eric Müller M. A. hat Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie, Geschichtswissenschaften und Philosophie studiert. Anschließend war er als
Ausgrabungsleiter und Mitarbeiter an den Landesämtern für Archäologie Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie am Bereich Archäologie der Hansestadt Lübeck und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Technischen Landesmuseum Mecklenburg-Vorpommern tätig. Seit 2016 ist er Ausgrabungsleiter am Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein.
Die Videovorträge laufen über einen Videokonferenzdienst von Dataport. Der Eintritt ist jeweils über diesen Link möglich:
AGSH | Jitsi Meet (openws.de): https://video.openws.de/AGSH
Wichtig ist, dass Sie auf Ihrem Rechner, Tablet oder Smartphone möglichst den neuen Edge-Browser von Microsoft haben, sonst könnte es Schwierigkeiten mit der Verbindung geben.
Browser mit einer Chromium Engine liefern die besten Ergebnisse, z. B. Google Chrome oder Microsoft Edge. In aktuellen Tests mit dem Firefox Browser kommt es zu Fehlern.
Einige externe Kameras werden nicht unterstützt.
Schleswig, der mittelalterliche Nachfolger der bekannten Wikingerstadt Haithabu, zählt zu den bedeutendsten Städten des nordeuropäischen Hochmittelalters. Als Bischofssitz war die Stadt mit nicht weniger als sieben Kirchen ausgestattet, Pfalzstandortort des dänischen Königs und Residenz des Herzogs von Schleswig sowie zuvorderst internationales Handelszentrum mit weitreichenden Kontakten. Diese Rolle hatte die Stadt im Zuge des 11. Jahrhunderts von Haithabu übernommen und fungierte daraufhin etwa 150 Jahre lang als zentrale Drehscheibe für den Warenverkehr zwischen Nord- und Ostsee sowie Kontinent und Skandinavien. Bereits 1086 wird Schleswig in der schriftlichen Überlieferung als stark frequentierte Hafenstadt charakterisiert, von der Schiffe zu zahlreichen Küsten Nordeuropas aufbrechen. Im Gegensatz zur historischen Erforschung rückte Schleswig erst ab den frühen 1970er Jahren in den Blickwinkel der Archäologie. Die bislang umfangreichsten Flächengrabungen fanden dabei im historischen Uferbereich statt wobei man auf zehntausende im Boden konservierte Hölzer stieß. Mangels entsprechender Kapazitäten konnten diese Grabungen jedoch erst in jüngster Zeit einer systematischen Analyse unterzogen werden. Diese erfolgte mit modernster Computertechnik, die es ermöglichte, die komplexe Befundlage zu untersuchen und dreidimensional zu visualisieren. Dadurch gelang es, dass Bild eines sich rapide entwickelnden Hafenviertels in der Umbruchszeit zwischen Wikingern und Hanse zu zeichnen. Der Vortrag erläutert die Gründung und Entwicklung dieses Stadtviertels und stellt dabei die einzelnen infrastrukturellen Elemente vor. Diese reichen von systematisch angelegten Parzellen über multifunktionale Dammgrundstücke und Hafenanlagen bis hin zu öffentlichen Marktarealen und komplexen Verkehrswegen. Insbesondere soll im Vortrag auch auf die beteiligten Akteure eingegangen werden, deren Handlungen durch die archäologische Untersuchung sichtbar geworden sind. So treten sowohl königliche Initiativen als auch tägliche Aktivitäten durch Handwerker und insbesondere Kaufleute hervor, von denen letztere ausschlaggebend für die herausragende ökonomische Bedeutung der Stadt waren. Das ganze erfolgt eingebettet in den Hintergrund der maßgeblichen Entwicklungen dieser Epoche, die sich mit Schlagwörtern wie der Herausbildung des professionellen Fernhandels, der Urbanisierung Nordeuropas und der Christianisierung Skandinaviens umreißen lassen.
Zum Vortragenden: Dr. Felix Lennart Rösch wurde 1985 in Braunschweig geboren. Er studierte die Fächer Ur- und Frühgeschichte, Geografie und Bodenkunde, später Europäische Ethnologie/Volkskunde, an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Wie bereits bekannt, fertigte der Preisträger des Archäologiepreises der AGSH 2013 seine Magisterarbeit zu der mittelalterlichen Wüstung von Bad Malente-Grellenkamp an. 2015 schloss er seine Dissertation mit dem Titel „Das Hafenviertel von Schleswig im Hochmittelalter. Entstehung–Entwicklung–Topographie“ ab. Seit 2019 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Ur- und Frühgeschichte der Georg-August-Universität in Göttingen.
Die Videovorträge laufen über einen Videokonferenzdienst von Dataport. Der Eintritt ist jeweils über diesen Link möglich:
AGSH | Jitsi Meet (openws.de): https://video.openws.de/AGSH
Wichtig ist, dass Sie auf Ihrem Rechner, Tablet oder Smartphone möglichst den neuen Edge-Browser von Microsoft haben, sonst könnte es Schwierigkeiten mit der Verbindung geben.
Browser mit einer Chromium Engine liefern die besten Ergebnisse, z. B. Google Chrome oder Microsoft Edge. In aktuellen Tests mit dem Firefox Browser kommt es zu Fehlern.
Einige externe Kameras werden nicht unterstützt.