Schleswig, der mittelalterliche Nachfolger der bekannten Wikingerstadt Haithabu, zählt zu den bedeutendsten Städten des nordeuropäischen Hochmittelalters. Als Bischofssitz war die Stadt mit nicht weniger als sieben Kirchen ausgestattet, Pfalzstandortort des dänischen Königs und Residenz des Herzogs von Schleswig sowie zuvorderst internationales Handelszentrum mit weitreichenden Kontakten. Diese Rolle hatte die Stadt im Zuge des 11. Jahrhunderts von Haithabu übernommen und fungierte daraufhin etwa 150 Jahre lang als zentrale Drehscheibe für den Warenverkehr zwischen Nord- und Ostsee sowie Kontinent und Skandinavien. Bereits 1086 wird Schleswig in der schriftlichen Überlieferung als stark frequentierte Hafenstadt charakterisiert, von der Schiffe zu zahlreichen Küsten Nordeuropas aufbrechen. Im Gegensatz zur historischen Erforschung rückte Schleswig erst ab den frühen 1970er Jahren in den Blickwinkel der Archäologie. Die bislang umfangreichsten Flächengrabungen fanden dabei im historischen Uferbereich statt wobei man auf zehntausende im Boden konservierte Hölzer stieß. Mangels entsprechender Kapazitäten konnten diese Grabungen jedoch erst in jüngster Zeit einer systematischen Analyse unterzogen werden. Diese erfolgte mit modernster Computertechnik, die es ermöglichte, die komplexe Befundlage zu untersuchen und dreidimensional zu visualisieren. Dadurch gelang es, dass Bild eines sich rapide entwickelnden Hafenviertels in der Umbruchszeit zwischen Wikingern und Hanse zu zeichnen. Der Vortrag erläutert die Gründung und Entwicklung dieses Stadtviertels und stellt dabei die einzelnen infrastrukturellen Elemente vor. Diese reichen von systematisch angelegten Parzellen über multifunktionale Dammgrundstücke und Hafenanlagen bis hin zu öffentlichen Marktarealen und komplexen Verkehrswegen. Insbesondere soll im Vortrag auch auf die beteiligten Akteure eingegangen werden, deren Handlungen durch die archäologische Untersuchung sichtbar geworden sind. So treten sowohl königliche Initiativen als auch tägliche Aktivitäten durch Handwerker und insbesondere Kaufleute hervor, von denen letztere ausschlaggebend für die herausragende ökonomische Bedeutung der Stadt waren. Das ganze erfolgt eingebettet in den Hintergrund der maßgeblichen Entwicklungen dieser Epoche, die sich mit Schlagwörtern wie der Herausbildung des professionellen Fernhandels, der Urbanisierung Nordeuropas und der Christianisierung Skandinaviens umreißen lassen.
Zum Vortragenden: Dr. Felix Lennart Rösch wurde 1985 in Braunschweig geboren. Er studierte die Fächer Ur- und Frühgeschichte, Geografie und Bodenkunde, später Europäische Ethnologie/Volkskunde, an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Wie bereits bekannt, fertigte der Preisträger des Archäologiepreises der AGSH 2013 seine Magisterarbeit zu der mittelalterlichen Wüstung von Bad Malente-Grellenkamp an. 2015 schloss er seine Dissertation mit dem Titel „Das Hafenviertel von Schleswig im Hochmittelalter. Entstehung–Entwicklung–Topographie“ ab. Seit 2019 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Ur- und Frühgeschichte der Georg-August-Universität in Göttingen.
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Am südlichen Ortsrand von Flintbek, Kreis Rendsburg-Eckernförde, soll in den
nächsten Jahren ein neues Wohngebiet entstehen. Die Ortslage Flintbek mit seiner Umgebung ist seit den 1970er Jahren durch eine Vielzahl an sehr gut erhaltenen Grabanlagen der Stein- und Bronzezeit
bekannt.
Diese Fundstellenkonzentration ist mit einer ur- und frühgeschichtlichen Wegeführung in Verbindung zu bringen, die von Nordost nach Südwest am südlichen Ortsrand der heutigen Ortslage verlief. Direkt
am südlichen Zipfel der „Flintbeker Sichel“ liegt das Neubaugebiet, auf dem schon 2020 archäologische
Hauptuntersuchungen stattfanden. Diese werden seit Anfang März 2021 in etwa
400 m Entfernung von der ersten Untersuchungsfläche fortgeführt. Angesichts der im Raum Flintbek bislang bekannten Fundstellen, die bis auf wenige Ausnahmen der Stein- und Bronzezeit angehören, waren
die Ergebnisse der Untersuchungen aus dem Jahr 2020 sehr überraschend. Erstmals gelang hier der Nachweis von Siedlungsspuren der Völkerwanderungszeit im Raum Flintbek überhaupt.
Insgesamt konnten vier Gehöfte mit teils sehr gut erhaltenen Langhausgrundrissen, darunter auch ein bislang noch sehr selten nachgewiesener Grundriss eines Hauses vom Typ Korridorhaus, freigelegt werden. Herausragend war die Untersuchung einer gepflasterten Zisternenanlage mit einem Durchmesser von 25 m, welche zu den absoluten Raritäten im Land zählt. Die diesjährigen Ausgrabungen 2021 überraschten nach den Entdeckungen aus dem letzten Jahr. Zu den aufgedeckten Strukturen gehören mehrere Langhausgrundrisse. Eines der Langhäuser gehört mit zwei weiteren gut erhaltenen Häusern zu einem ehemals eingezäunten, mehrphasigen Gehöft mit einer Größe von ca. 6000 m². Die völkerwanderungszeitlichen Fundstellen gehören vermutlich zu einem umfangreichen Siedlungsplatz mit einer größeren zeitlichen Tiefe, der sich, soweit sich derzeit sagen lässt, in lockerer Streuung am gesamten südöstlichen Ortsrand von Flintbek entlangzieht. Aufgrund der neuen Erkenntnisse und der ungewöhnlich guten Erhaltung der Befunde kann im Zusammenhang mit den zuvor bekannten zahlreichen Fundstellen zu Recht von einem „archäologischen Hotspot“ im Bereich und dem Umfeld von Flintbek gesprochen werden.
Zum Vortragenden: Eric Müller M. A. hat Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie, Geschichtswissenschaften und Philosophie studiert. Anschließend war er als
Ausgrabungsleiter und Mitarbeiter an den Landesämtern für Archäologie Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie am Bereich Archäologie der Hansestadt Lübeck und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Technischen Landesmuseum Mecklenburg-Vorpommern tätig. Seit 2016 ist er Ausgrabungsleiter am Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein.
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Gräber sind das statische Endergebnis eines ebenso hochkomplexen wie hochdynamischen, ritualisierten und intentionalen Bestattungsvorganges, der in einer nicht mehr nachvollziehbaren Intensität durch
soziale, kulturelle und religiös-kultische Faktoren beeinflusst wurde. Dieser Aspekt stellt die Archäologie vor grundlegende Schwierigkeiten. Ein undefinierbar großer Anteil der Handlungen und
Rituale, die vermutlichen für die (rituelle) Funktionalität der Bestattung von zentraler Bedeutung waren, lässt sich archäologisch nicht oder nur unsicher fassen. Daneben entgeht der Archäologie
ein weiterer für das Verständnis von Bestattungen eklatant wichtiger Aspekt, der erst in jüngster Zeit in den Fokus der Forschung rückt – die Wahrnehmung der Bestattungsriten durch die anwesenden
Zuschauer. In der archäologischen Sichtweise werden Gräber – schon notwendigerweise aus methodischen Gründen – oftmals auf objektiv erscheinende, messbare Faktoren wie Form, Maße und Orientierung des
Grabes, Anzahl und Lage der Beigaben und Geschlecht und körperlicher Zustand des Bestatteten reduziert. Der Realität von Bestattungen als aktive und dynamische Zeremonien mit rituellen Handlungen,
Gesängen und teilweise auch Opfern wird diese nüchterne Reduktion jedoch nicht gerecht.
Zum Vortragenden: Dr. Matthais Toplak hat Skandinavistik, Ur- und Frühgeschichte und Mittlere und Neue Geschichte in Köln und Stockholm studiert. Seine Promotion mit
dem Thema „Das wikingerzeitliche Gräberfeld von Kopparsvik auf Gotland. Studien zu neuen Konzepten sozialer Identitäten am Übergang zum christlichen Mittelalter“ schloss er 2016 in Tübingen ab.
Danach war er wissenschaftlicher Assistent und lehrte am Institut für Ur- und Frühgeschichte in Tübingen. Er arbeitete von 2017–2021 im Sonderforschungsbereich 1070 RessourcenKulturen, Universität
Tübingen, zusammen mit dem Osteoarchäologischen Forschungszentrum (OFL) der Universität Stockholm. 2021 trat er in die Fußstapfen von Frau Drews und hat nun die Leitung des Wikinger Museums Haithabu
inne.
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von Hannah Strehlau, Schleswig
Die Bildsteine sind eine einzigartige Gruppe von Steindenkmalen, die von der Völkerwanderungszeit bis in die Wikingerzeit auf der schwedischen Ostseeinsel Gotland errichtet wurden (insgesamt etwa 400–1100 n. Chr.). Besonders auffällig sind ihre Verzierungen, die durch flache Ritzungen und anschließende Bemalung auf der Vorderseite angebracht wurden und namengebend für die Steine sind. Die ältesten dieser Bildsteine stammen aus der Völkerwanderungszeit (ca. 400–600 n. Chr.) und unterscheiden sich mit ihrer markanten Axtform sowie dem überwiegend geometrisch-abstrakten Bildprogramm von den späteren Monumenten. Die Entstehungsgeschichte dieser frühen Steine galt seit jeher als Rätsel. Da sie geradezu plötzlich und ohne vorangehende Entwicklungsphase auftreten, liegt es nahe, nach Parallelen außerhalb Gotlands zu suchen. Verblüffende Ähnlichkeiten tauchen dabei zu Steinmonumenten aus den Römischen Provinzen auf. Solche Vergleiche können uns als Archäologinnen und Archäologen Hinweise auf weite internationale Netzwerke geben, die den interkulturellen Austausch und die Hybridität der gotländischen Kultur verdeutlichen.
Zur Vortragenden: Hannah Strehlau, Jahrgang 1991, studierte von 2012 bis 2015 vor- und frühgeschichtliche Archäologie im Bachelor an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Im Anschluss daran schloss sie 2018 ihr Masterstudium an der Universität Uppsala (Schweden) ab, mit einer Arbeit zu Tierbeigaben in vendel- und wikingerzeitlichen Gräbern in Uppland. Während und nach dem Studium hat sie auf verschiedenen Ausgrabungen in Deutschland, Schweden, Serbien und Alaska gearbeitet. Seit 2019 ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am ZBSA in Schleswig angestellt, wo sie an ihrer Dissertation zu den ältesten gotländischen Bildsteinen arbeitet (www.zbsa.eu/en/early-gotlandic-picture-stones). Das Dissertationsvorhaben ist mit dem Ancient Images-Projekt an der Universität Stockholm assoziiert (www.ancientimages.se).
Der neue Roman von Robert Focken schleudert den Leser in eine weit entfernte Vergangenheit: An der Schwelle zum 9. Jahrhundert gleicht Nordelbien einem brodelnden Völkerkessel. Die Nordsachsen (Sturimarn, Diutmarser, Holsten) sind im Dauerkrieg mit den slawischen Abodriten, beide müssen sich gegen die Dänen aus dem Norden zur Wehr setzen. Mit dem Titelhelden Arnulf stößt schließlich das erste Kontingent fränkischer Panzerreiter von Süden kommend über die Elbe vor. Arnulf allerdings hat mit dem König gebrochen, er stampft zwischen den streitenden Stämmen eine eigene Herrschaft aus dem Boden und errichtet die Hammaburg (Hamburg). Aber der große König hat noch eine Rechnung mit ihm offen: Karl vergisst nichts und vergibt noch weniger... die Geschichte taucht den Leser ein in pralles, mittelalterliches Leben voller Frömmigkeit und Lebensfreude, voller Brutalität und Fatalismus. Zwischen Esesfelth/Itzehoe und Haithabu, zwischen Starigard/Oldenburg und Bardovyk (Lüneburg) sammelt der Kriegsherr Arnulf fieberhaft nach Verbündeten gegen den König – während Arnulfs Frau Erika ihren eigenen Feldzug führt, und zwar gegen die männliche Übergriffigkeit. Sie, die energische Christin, ein echter Tatmensch, strengt schließlich einen großen Schändungsprozess vor einem Thing an. Mithilfe eines Priesters, ausgerechnet, denn eine Frau kann niemanden anklagen. Der Täter aber ist ein Stammesfürst - Arnulf braucht ihn! Beide, Arnulf und Erika werden vor brutale Entscheidungen gestellt, die ihr Leben zu zerreißen drohen.
Zum Autoren: Robert Focken, geboren 1963 in Höxter, wuchs in Holzminden an der Weser auf. Nach dem Abitur wurde er Zeitsoldat, um anschließend eine journalistische Ausbildung bei
der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu absolvieren. Daran schloss sich ein Geschichtsstudium in Bonn an. Seit 1994 lebt Robert Focken in der Nähe von Frankfurt und arbeitet in der Finanzindustrie.
Sein erster Roman "Arnulf - Die Axt der Hessen" erschien im Jahr 2015. Robert Focken ist verheiratet und hat drei Kinder.
Im Vorfeld der geplanten Errichtung eines neuen Wohngebietes in Taarstedt, Kreis Schleswig-Flensburg, führte das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) eine Voruntersuchung auf dem Gelände durch. Ziel dieser Voruntersuchung war die Klärung, ob bei den kommenden Bautätigkeiten archäologisch relevante Kulturgüter und Strukturen betroffen sind, die hier zu vermuten waren. Im Zuge der
Voruntersuchung zeigte sich anhand zahlreicher Verfärbungen im Boden und diverser Keramikfunde, dass im nordwestlichen Bereich der zu bebauenden Fläche Reste einer völkerwanderungszeitlichen Siedlung erhalten sind, woraufhin eine archäologische Untersuchung des Areals unumgänglich wurde, um diese Befunde nicht undokumentiert der Zerstörung Preis zu geben.
Nach Abtrag des Oberbodens konnten auf der zu untersuchenden Fläche eine Vielzahl an Befunden dokumentiert und eingemessen werden, bei denen es sich zum überwiegenden Teil um Standspuren ehemaliger Pfosten handelt. Anhand dieser Pfostenstandspuren lässt sich in Taarstedt eine Siedlung aus der Völkerwanderungszeit mit mindestens fünf Langhäusern nachweisen. Alle Gebäude waren parallel zueinander ausgerichtet, wobei drei Häuser übereinanderliegen, weshalb der Ausgräber von einer zeitlichen Nähe der Gebäude ausgeht. Die Reste identisch ausgerichteter Gebäude am nordwestlichen Grabungsrand sind sicher als Nachbargehöft der selben Zeit anzusprechen. Rechtwinklig zu den Gebäuden verlaufen sowohl westlich als auch überwiegend östlich der Häuser mehrere Zaunanlagen. Darüber hinaus wurden Siedlungsaktivitäten der Vorrömischen Eisenzeit, des Mittelalters und moderne Flachsrösten nachgewiesen.
Zum Vortragenden: Ringo Klooß hat an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Ur- und Frühgeschichte, Anthropologie und Geologie studiert. Sein besonderes Interesse galt bisher der Jungsteinzeit in Norddeutschland. Nach freiberuflicher Tätigkeit als Archäobotaniker ist er seit 2020 als Grabungsleiter für das Archäologische Landesamt Schleswig- Holstein tätig. Inzwischen komplettiert er außerdem die Abteilung Landesaufnahme.
Neue archäologische Forschungen auf der spätmittelalterlichen Burg Stegen bei Bargfeld
(Stormarn)
von
Prof. US Dr. Felix Biermann (Stettin und Halle/Saale)
und
Norman Posselt M.A. (Halle/Saale)
Die Burg Stegen (Gemeinde Bargfeld-Stegen, Kr. Stormarn) bildet heute ein abgelegenes Idyll in den Wiesen der Alten Alster gleich nördlich von Hamburg, war aber in der ersten Hälfte des 14.
Jahrhunderts Schauplatz dramatischer Ereignisse: Vom Knappen Johann Hummersbüttel prächtig ausgebaut, war der Sitz dieses ehrgeizigen Niederadeligen im Jahre 1347 Ziel einer Belagerung der Holsteiner
Grafen und der Stadt Hamburg, die zur Zerstörung und Aufgabe der Wehranlage führte. Neue archäologische Forschungen der Universitäten
Greifswald und Potsdam in Kooperation mit dem ALSH, mit der Gemeinde und mit der Unterstützung vieler ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesamtes konnten wichtige Informationen
zur Gestalt und Entwicklung der mit vier Hügeln sehr ausgedehnten Turmhügelburg sowie zum finalen kriegerischen Ereignis gewinnen. Sie werfen damit interessante Schlaglichter auf diesen Brennpunkt
der mittelalterlichen schleswig-holsteinischen Landesgeschichte.
Zum Vortragenden: Felix Biermann, geb. 1969 in Herdecke/Ruhr, ist Professor für
Frühmittelalterarchäologie an der Universität Stettin (Szczecin) und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in Halle an der Saale. Studium der
Ur- und Frühgeschichte und Mittelalterarchäologie in Münster, Marburg, Bamberg und Berlin, Promotion über die slawische Besiedlung der Niederlausitz an der Humboldt-Universität zu Berlin,
Habilitation über das ländliche Siedlungswesen der mittelalterlichen Ostsiedlungszeit in Ostmitteleuropa an der Universität Greifswald.
Forschungsschwerpunkte sind u. a. die Archäologie mittelalterlicher Städte, Klöster und Burgen sowie die slawische Frühgeschichte.
Wir freuen uns auf Sie!
Gäste sind wie immer herzlich bei unseren Vorträgen willkommen!
Montag, den 26. September 2022
Vortrag: um ca. 19.30 Uhr
im Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein
Brockdorff-Rantzau-Str. 70
24837 Schleswig
Bildquelle: ikmb
Die Pest, ein Synonym für einer der schlimmsten Pandemien des Mittelalters, wurde durch das Bakterium Yersinia pestis ausgelöst. Die Pandemie begann mit dem sogenannten „Schwarzer Tod“ einer ersten Pandemie welche geschätzte 25 Millionen Todesopfer europaweit forderte. Das Bakterium kommt heute vor allem in Nagetieren vor und wird hauptsächlich durch Flöhe auf den Menschen übertragen. Die mittelalterliche Pest-Pandemie dauerte über 400 Jahre an und verursachte in regelmäßigen Abständen immer wieder historisch überlieferte Ausbrüche in ganz Europa.
Wenig ist bekannt darüber wie das Bakterium das Potential entwickeln konnte diese Pandemie auszulösen oder warum es nach 400 Jahren wieder verschwand. Mittlerweile weiß man zudem, dass der Erreger auch schon mehrere tausend Jahre lang den Menschen infizierte, doch wie er genau entstanden ist, und wann er für die Menschen gefährlich wurde ist bis heute Gegenstand der Forschung.
Die alte DNA (aDNA) Forschung beschäftigt sich mit der Analyse von genetischen Informationen von historischen und prähistorischen Menschen aber auch Pathogenen. Diese Technik ermöglicht es einen direkten Einblick in die Veränderungen des Pest Erregers zu erlangen. Der Vortrag soll einen Einblick in die aktuelle aDNA-Forschung zum Pesterregern geben und führt vom ältesten bekannten Pest Fall aus dem heutigen Lettland, über die Veränderungen während der mittelalterlichen Pest bis hin zu den noch heute vorkommenden Pest Bakterien.
Zum Vortragenden: Ben Krause-Kyora, geb. 1980 in Hamburg, ist Professor am Institut für Klinische Molekularbiologie in Kiel. Studium der Ur- und Frühgeschichte und Biochemie in Kiel mit anschließender Promotion. Er hat auf verschiedenen Ausgrabungen gearbeitet, mitunter auch im Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein.
Ausgrabungen an der Borgsumburg/Föhr
von Dr. Kirsten Hüser
Montag, den 31. Oktober 2022, um 19.30 Uhr
Die Borgsumburg, auch Lembecksburg genannt, erhebt sich mit ihrem gewaltigen Ringwall deutlich über die Marsch- und Geestflächen der Nordfriesischen Insel Föhr. Ausgrabungen der 1950er
Jahren belegen, dass die Burg in der Zeit um 800 n. Chr. erbaut und bis etwa 1000 n. Chr. genutzt wurde. Die Burg war im Inneren mit radial entlang des Ringwalls ausgerichteten Häusern aus
Grassoden bebaut. Seit dem Sommer 2021 finden im Rahmen eines Forschungsprojektes des Niedersächsischen Institutes für historische Küstenforschung (Wilhelmshaven) neue Untersuchungen im
Inneren der Burg unter der Leitung von Dr. Martin Segschneider und Dr. Kirsten Hüser statt. Hierbei soll die Burg durch Ausgrabungen und mittels moderner Methoden weiter erforscht werden,
um so neue Kenntnisse zur Erbauung, Funktion und Datierung der Anlage und der Lebensweise ihrer Bewohner zu bekommen. Die ersten Ergebnisse der beiden Ausgrabungskampagnen lassen aufgrund
der hervorragenden Erhaltung des Denkmals bereits das große Potenzial der Forschungen in der Borgsumburg erkennen.
Zur Vortragenden: Dr. Kirsten Hüser studierte von 1998 bis 2004 an der Philipps-Universität Marburg Vor- und Frühgeschichte, Geographie und Ethnologie mit anschließender Promotion im Jahr
2009.
Anschließend war sie als Mitarbeiterin verschiedener Projekte und als Ausgrabungsleiterin bei der Ostfriesischen Landschaft in Aurich beschäftigt. Seit 2019 ist sie als
wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Niedersächsischen Institut für historische Küstenforschung (Wilhelmshaven) angestellt und beschäftigt sich dort mit mittelalterlichem Burgenbau.
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Der Westteil der nordfriesischen Insel Amrum ist durch einen breiten Dünengürtel gekennzeichnet, unter dem die alte Geestlandschaft mit ihren vorgeschichtlichen Siedlungsplätzen und Grabstätten konserviert ist. In den Jahren 2020 bis 2022 wurden auf dem frei gewehten Fundplatz Nebel LA 431 nahe der ”Vogelkoje Meeram” freiliegende Strukturen dokumentiert und kleine Sondagegrabungen durchgeführt.
Mit modernen Methoden wird hier ein Gehöft der ausgehenden Vorrömischen Eisenzeit/beginnenden Römischen Kaiserzeit erforscht. In der nahen Umgebung wurden bereits in den 1960er–70er Jahren mehrere Hausplätze frei geweht und durch Hans Hingst dokumentiert.
Der ehemalige Laufhorizont der Siedlung ist durch umfangreich erhaltene Steinpflasterungen gekennzeichnet. Teilweise werden diese durch eine massive Kulturschicht abgedeckt, die gebrannten Lehm, Klei, Holzkohle und zahlreiche Keramikfunde enthält. Neben einem auf etwa 25 m² erhaltenen Hofpflaster, in das eine große Grube und eine Feuerstelle eingelassen sind, konnten mindestens zwei sogenannte Mistrinnen dokumentiert werden, die sorgfältig aus Steinen gesetzt sind und den längs verlaufenden Mittelgang im Stallteil eines Langhauses darstellen. Mehrere ovale, gepflasterte und teilweise mit einer Lehmschicht abgedeckte Herdstellen zeigen den Wohnteil des Gebäudes an.
Intensive Brandspuren in diesem Bereich lassen vermuten, dass diese Hausseite mindestens einmal erneuert werden musste und sich hier eventuell mehrere Siedlungsphasen überlagern. Ein alter Boden mit jungsteinzeitlichen Flintartefakten unter der eisenzeitlichen Siedlungsschicht zeugt von älteren Besiedlungsphasen auf dem Fundplatz.
Zur Vortragenden: Dr. Stefanie Klooß studierte Ur- und Frühgeschichte, Botanik und Geologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Sie spezialisierte sich auf die Untersuchung von pflanzlichen Resten aus archäologischen Ausgrabungen und forschte in den Themenfeldern Nutzung von Holz- und Wildpflanzenressourcen, Fischfang, Landwirtschaft und Ernährung in prähistorischen Gesellschaften. Seit 2016 ist sie als Gebietsdezernentin des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein zuständig für die Kreise Nordfriesland und Schleswig-Flensburg sowie für die Unterwasserbereiche der schleswig-holsteinischen Nord- und Ostsee.
Zur Vortragenden: Ruth Blankenfeldt hat in Münster und Kiel studiert und ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie in der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf. Durch eine Promotion über den germanischen Opferplatz im Thorsberger Moor liegt ihr Forschungsschwerpunkt vor allem auf den ersten Jahrhunderten nach Christus in Nordeuropa. Als ausgebildete Forschungstaucherin sind zudem Fundplätze unterschiedlicher Zeitstellung im marinen, limnischen und sonstigen Feuchtbodenbereich ein wichtiger Teil ihres archäologischen Interessengebiets.
Zum Vortragenden: Christoph Unglaub studierte in den Jahren 2003 bis 2013 Ur- und Frühgeschichte an der Freien Universität Berlin. In seiner Magisterarbeit beschäftigte er sich mit spätbronzezeitlichen Grabfunden im Land Brandenburg. Nach seinem Studium war er zunächst beim Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege im dortigen Referat „Großvorhaben“ in der Planung und Verwaltung archäologischer Projekte tätig. Seit 2017 widmete er sich verstärkt der Geländearbeit als Grabungsleiter. In dieser Funktion führte er zwischen 2017 und 2020 zahlreiche archäologische Grabungen unterschiedlicher Zeitstellungen in Mecklenburg-Vorpommern durch.
Anfang Mai 2020 wechselte er zum Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein und wurde hier als Leiter des flexiblen Einsatzteams („Team Kleinprojekte“) eingesetzt. Neben der Durchführung von Voruntersuchungen und kleinen Hauptuntersuchungen bekam er auf diese Weise erste Einblicke in die Struktur und die Gegebenheiten beim ALSH. Christoph Unglaub hat die Nachfolge von Herrn Ingo Clausen angetreten und ist folglich für die Kreise Herzogtum Lauenburg, Ostholstein, Segeberg, Stormarn sowie die Stadt Neumünster zuständig.
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